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MDR-Doku: Erfurt droht Platten-Ghetto – die Stadt muss sich Sorgen machen

Droht bald der Platten-Ghetto in Erfurt? Eine MDR-Doku offenbart eine erschreckende Entwicklung. Hier erfährst du mehr.

Erfurt
© MDR / Robert Löwig

Das ist Thüringens Landeshauptstadt Erfurt

Erfurt ist die Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen. Sie ist mit 214.000 Einwohnern die größte Stadt des Bundeslandes. Erfurt wurde im Zusammenhang mit der Errichtung des Bistums im Jahr 742 erstmals urkundlich erwähnt.

Erfurt und seine Platte. Die Siedlungen im Norden und Süd-Osten der Landeshauptstadt haben ihren Ruf weg. Ob berechtigt oder nicht, wer es sich leisten kann, zieht lieber in andere Gegenden wie die schöne Altstadt, den Erfurter Süden oder die Randgebiete. Dort wird das Wohnen immer teurer, arme Menschen haben also oft gar keine andere Wahl als die Platte. Eine MDR-Doku zeigt jetzt auf erschreckende Weise, wie schlimm das Problem mittlerweile schon geworden ist.

Die Folge „Arm in der Platte, Reich in der Villa“ der MDR-Doku-Reihe „Exakt – die Story“ untersucht, wie weit die soziale Schere in Erfurt mittlerweile auseinandergegangen ist. Was dort ans Licht kommt, ist ernüchternd und zeigt, dass auf die Landeshauptstadt ein ernstes Problem zukommen könnte.

MDR-Doku über die Platte in Erfurt

Früher waren sie einmal durchaus beliebt. In den 60er, 70er Jahren wurden auch in Erfurt viele Plattenbauten hochgezogen, um günstigen Wohnraum vor allem für Familien zu schaffen. Noch heute wohnen dort viele Menschen, die bis in die 1980er Jahre dort eingezogen waren. Klar, die Kinder sind meist längst aus dem Nest, die Eltern leben aber immer noch in den Wohnungen.

Bis zur Wende lebten in der Landeshauptstadt etwa die Hälfte der Bevölkerung in der Platte. Nach 1990 änderte sich aber alles. „Die, die es sich leisten konnten, sind ausgezogen, es kam aber auch kaum jemand dazu“, erklärt Sozialwissenschaftler Marcel Helbig dem MDR-Doku-Team. „Es gibt auch keine Stadtteile in den ganzen ostdeutschen Städten, die so stark an Bevölkerung verloren haben wie die Plattenbaugebiete.“

MDR-Doku: Mietpreise steigen in Erfurt

In der Folge gab es erst einmal viel Leerstand. Jede menge Wohnraum, den sich vor allem auch ärmere Leute leisten konnten. Die ostdeutsche Platte wäre dann bei vielen eine Art „Schmuddelkind“ gewesen, erklärt Helbig. „Das hat sich bei vielen der Ostdeutschen verfestigt, dass das einfach kein attraktiver Wohnraum ist.“

Erfurt
Marcel Helbig im Erfurter Plattenbaugebiet Moskauer Platz. Foto: MDR / Robert Löwig

Bestes Beispiel: Das Pärchen Jenny (OP-Schwerster) und Philipp (Kindergärtner). Sie suchen seit langem nach einer größeren Wohnung oder einem Haus für sich und ihre Kinder. Derzeit leben sie noch in einer Dreiraumwohnung in der Innenstadt. Selbst bauen ist dabei bei den derzeitigen Immobilienpreisen keine Option. Und die Mietpreise steigen ja auch in der Landeshauptstadt seit Jahren.

Gibt es einen Ausweg aus der Krise in Erfurt?

Dennoch: Ein Wohnen in der Erfurter Platte können sich beide nicht vorstellen. „Dort Leben und ein Kind aufwachsen lassen, möchte ich tatsächlich nicht“, sagt Phillip dem Doku-Team. „Das ist nun mal ein sozialer Brennpunkt.“


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Die Folge ist klar: Auf einmal reden die Menschen aus dem Süden kaum noch mit denen aus dem Norden. Ein Austausch findet kaum noch statt, die Vorurteile verhärten sich. Eine Lösung scheint dabei kaum in Sicht. Es gibt allerdings Ideen: So könnte man zum Beispiel Eigenheimsiedlungen am Rand von Plattenbausiedlungen ermöglichen. Das würde wieder für mehr Durchmischung sorgen und gleichzeitig wieder für günstigeren Wohnraum sorgen. Ob sich so der Platten-Ghetto abwenden lässt und ob sich für solche Angebote eine Kundschaft findet, muss sich aber erst noch zeigen.

Falls du dir die MDR-Doku auch ansehen möchtest, du findest sie in der ARD-Mediathek (hier geht’s weiter).