Es ist noch nicht lange her, da musste die beliebte Fleischerei Thüfleiwa aus Apolda den Verkauf ihrer Produktion bekannt geben. Über 100 Jahre lang war die Firma nicht von den Grillrosten der Thüringer wegzudenken – doch diese Ära ist nun leider vorbei. Allerdings ist es nicht der erste Thüringer Fleischer-Betrieb, der das Handtuch werfen musste: Die Traditions-Fleischerei Holzapfel meldete 2023 ebenfalls Insolvenz an.
Das wirft zurecht die Frage auf, ob die Fleischer-Branche im Moment in einer Krise steckt. Thüringen24 hat beim Verband „Fleischerhandwerk Thüringen e.V.“ nachgehakt und eine brühwarme Einschätzung bekommen, wie es aktuell um das Handwerk bestellt ist.
Thüringen: Branche steht vor Herausforderungen
Es ist eine Nachricht, die viele Thüringer tief getroffen haben dürfte: Die Fleischerei Thüfleiwa musste ihre Produktion dicht machen. Das ist nicht nur für den Betrieb selbst traurig – viele sagen, hier gab es die beste Thüringer Bratwurst. Doch nicht nur das: Denn gefühlt hört man von Insolvenz-Anträgen aus jeder Ecke. Hier kommt jetzt der Fakten-Check: Ist die Lage in der Fleischerei-Branche wirklich so ernst? Das erzählt der Präsident vom „Fleischerhandwerk Thüringen e.V.“ Thomas Hönnger im Gespräch mit Thüringen24.
+++ Thüfleiwa könnte nur der Anfang sein! Schafft sich der Mittelstand in Thüringen ab? +++
Und verrät vorab: „Den meisten Betrieben geht es gut, allerdings ist die Situation nicht einfach.“. Es gebe viele Faktoren, die die Branche vor große Herausforderungen stelle. Hier sieht Hönnger ein zentrales Problem, das viele Branchen trifft – den dauerhaften Arbeits- und Fachkräftemangel. Und auch die hohen Energiekosten machen sich bemerkbar: „Die Fleischereimaschinen, Kochkessel und Rauch- und Garanlagen sowie die Kühltechnik verbrauchen einiges an Strom und Gas“, hält der Thüringer fest. Und noch eine Sache wirkt sich negativ aus.
„Einheitsgeschmack ohne Ecken und Kanten“
Der bürokratische Aufwand. Neben all den anderen Faktoren, komme der noch zusätzlich erschwerend hinzu und mache laut Hönnger vor allem den kleineren Betrieben zu schaffen. Das sei zwar eine enorme Belastung, doch dafür haben die kleinen Fleischereien einen anderen Vorteil: „Die kleinen Betriebe des Fleischerhandwerks können schneller auf Veränderungen reagieren und sich auf neue Gegebenheiten einstellen“, merkt Hönnger an. Probleme und die dazugehörigen Lösungen können so schneller erkannt und gefunden werden – bevor möglicherweise Insolvenz beantragt werden muss. Hier sind größere Firmen also im Nachteil und laufen demnach schneller Gefahr, schlecht zu wirtschaften.
Auch der Nachwuchs fehlt: „Die Thüringer essen zwar sehr gerne ihre Thüringer Rostbratwurst – die Berufe des Fleischerhandwerks möchten aber zu wenige junge Menschen erlernen“, sagt Hönnger. Dabei sei gerade das Handwerk unerlässlich für die Vielfalt des kulinarischen Kulturgutes. Ist unsere Thüringer Bratwurst also in Gefahr? „Die Bratwurst ist an sich nicht in Gefahr“, stellt der Sprecher klar, „allerdings wird mit weniger Betrieben die Vielfalt weniger“. Seiner Meinung nach produzieren die großen Hersteller eher einen „Einheitsgeschmack ohne Ecken und Kanten“.
Mehr News:
Doch was kann der Verband tun, um den ganzen Schwierigkeiten entgegenzuwirken? „Wenig“, heißt es. „Wir brauchen mehr Unterstützung durch die Politik“, findet Hönnger. Außerdem müsse den Kunden klar werden, dass mit jedem Aus eines Betriebs wichtiges Know-how verloren ginge. Doch nicht nur die Kaufkraft der Thüringer – die laut Hönnger im Allgemeinen ganz gut sei – ist der entscheidende Faktor. Der Beruf müsse einfach wieder attraktiver gemacht werden: „Die Berufe im Fleischerhandwerk sind vielseitig und interessant, einmal reinschnuppern kann nicht schaden – auch Quereinsteiger sind bei den Betrieben willkommen“, macht der Experte klar. Bedeutet im Umkehrschluss – auch wir als private Bratwurst-Liebhaber können dazu beitragen, dass das Handwerk nicht ausstirbt.