Bei seinem Anblick gerieten Erfurter früher ins Schwärmen, doch seit den 1960er Jahren bleibt das Marienmosaik den Blicken der Öffentlichkeit verborgen. Jetzt droht dem Kunstwerk Gefahr durch Schimmelpilze.
„Wir müssen jetzt wirklich etwas tun“, sagt Dombaumeister Andreas Gold und meint damit das Marienmosaik, das einst den Erfurter Dom zierte. Schon seit fast 50 Jahren ist das Kunstwerk aus der Öffentlichkeit verschwunden. Doch in seinem Dornröschenschlaf droht ihm jetzt Gefahr, denn die im Keller des Doms eingelagerten Mosaikfragmente beginnen zu schimmeln.
Dass es deshalb dringenden Handlungsbedarf in Sachen Marienmosaik gibt, hat eine an der Fachhochschule Erfurt entstandene Masterarbeit ergeben. Diplom-Restauratorin Janka Acht hat dafür alle erhaltenen Bausteine des Mosaiks gesichtet, erfasst und auf ihre Zustand hin geprüft. Ihr Ergebnis: Alle Teile des Kunstwerks sind von einem weißen Schimmelbelag, manche sogar zusätzlichen von einem schwarzen Schimmelpilz befallen. Schuld daran sei vor allem das Raumklima in der Lagerstätte des Mosaiks, einem der Domkeller. Feuchte Wände, kühle Luft und die sich daraus ergebende hohe Luftfeuchtigkeit machen den schädlichen Sporen das Leben leichter.
Vom Dach in den Keller
Dass das einst so prachtvolle Kirchenkunstwerk überhaupt dort gelandet ist, liegt in der Umbaugeschichte des Erfurter Dom St. Marien. 1868 wurde das aus dem Spätmittelalter stammende Walmdach des Langhauses durch ein neugotisches Satteldach mit Giebelfenstern ersetzt. So entstand über dem Westportal eine große Fassade mit einem Spitzbogen, für den das Mosaik in Auftrag gegeben wurde. 1870 wurde das Marienmotiv mit einer Fläche von über 40 Quadratmetern fertiggestellt, doch schon bald danach stellte sich heraus, dass das neue Domdach undicht war. Die Folge war Schwammbefall, der den Mauern des Doms gefährlich wurde. In den 1960er Jahren wurde deshalb das Dach wieder umgebaut und die alte Form wiederhergestellt. Das Marienmosaik verlor so seinen Platz und da kein neuer Standort gefunden werden konnte, wurden es zunächst im Kreuzgang der Severi-Kirche und seit 1994 schließlich im Domkeller gelagert, wo es bis heute liegt und jetzt vom Schimmel bedroht wird.
Wie soll es mit dem Mosaik weitergehen?
Das Marienmosaik zählt zwar nicht zu den wertvollsten Kunstwerken im Erfurter Dom, ist aber dafür umso beliebter. Kaum eine Woche vergehe, in der sich nicht jemand nach seinem Verbleib erkundigt, heißt es aus dem Bistum Erfurt. Noch heute würden ältere Erfurter von dem funkelnden Glanz schwärmen, der bei Sonnenschein vom Marienmosaik ausging. Dass es einfach so vom Schimmel zersetzt wird, sei seitens des Bistums nicht gewollt, so Pressereferent Peter Weidemann. Um das zu vermeiden muss das Mosaik aber auf jeden Fall an einem anderen Ort gelagert werden. Janka Acht geht in ihrer Masterarbeit noch einen Schritt weiter und schlägt vor, dass Kunstwerk wiederherzustellen und auch wieder zu präsentieren.
Was am Ende tatsächlich mit den Bruchstücken des Marienmosaiks passiert, muss das Erfurter Domkapitel entscheiden, das Mitte September zum nächsten Mal zusammenkommt. Zu viel Zeit sollte bis zum nächsten Schritt aber nicht vergehen, wenn das beliebte Kunstwerk erhalten bleiben soll. Denn wie Dombaumeister Gold es auf den Punkt bringt: „Die Uhr tickt.“