Wie viele Menschen in Thüringen als Prostituierte arbeiten, ist nicht bekannt. Auch von ihren teils katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen erfahren Behörden nur im Ausnahmefall.
Wie Prostituierte in Thüringen leben und arbeiten, dringt kaum an die Öffentlichkeit. Nur wenige Fälle werden jedes Jahr bekannt, in denen Prostituierte ausgebeutet werden. 2016 habe die Landespolizei nur zu drei derartigen Vorkommen ermittelt, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes der Deutschen Presse-Agentur. Im Jahr zuvor waren es sechs Fälle, 2014 kein einziger Fall. In den Ermittlungsverfahren seien alle Opfer erwachsene Frauen gewesen. Erkenntnisse über die Ausbeutung minderjähriger Prostituierter habe die Landespolizei für die vergangenen fünf Jahren nicht.
Internationaler Hurentag will auf Bedingungen aufmerksam machen
Der 2. Juni gilt seit den 1970er-Jahren als „Internationaler Hurentag“, an dem auf die oft katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen vor allem von Frauen in der Sex-Branche weltweit aufmerksam gemacht wird. Dass in den Thüringer Polizeistatistiken nicht mehr Fälle auftauchen, bedeutet nicht zwingend, dass es nicht mehr derartige Straftaten im Rotlichtmilieu gibt.
Toleranz der Prostitution
Laut Landespolizeidirektion werden derartige Verstöße in der Regel nur durch Kontrollen, nicht aber durch die Anzeigen von Opfern bekannt. Bei diesen Kontrollen stehe der Schutz der Prostituierten zunehmend im Fokus der Behörden. In den vergangenen Jahren habe es ein gesamtgesellschaftliches Umdenken zur Prostitution gegeben, betonte ein Sprecher der Behörde. „Die Ausübung der Prostitution wird zunehmend gesellschaftlich toleriert.“
Gesetz: Prostituierte dürfen nicht in Abhängigkeitsverhältnis stehen
Wie viele der ermittelten Tatverdächtigen schließlich wegen der Ausbeutung von Prostituierten auch von Gerichten verurteilt wurden, konnte die Sprecherin des Landeskriminalamtes nicht sagen. Der entsprechende Paragraf im Strafgesetzbuch verbietet es, Prostituierte in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu beschäftigen, aus dem sich die Betroffenen nicht befreien können. Also etwa dann, wenn die wirtschaftliche Not der Frauen ausgenutzt wird, um sie zu zwingen, ihre Dienste anzubieten. Ein einvernehmliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Zuhälter und Prostituierter fällt demnach nicht unter diesen Straftatbestand.
Kein Zahlen zu Prostituierten in Thüringen
Unklar ist auch, wie viele Prostituierte es in Thüringen gibt. Weder Polizei noch Sozialministerium haben dazu genauere Erkenntnisse. Bekannt ist lediglich, dass sich die Mehrzahl der Frauen in den Städten entlang der Autobahn 4 aufhielten.