Erfurt.
Als Nashornkuh Marcita vor zwei Jahren im Zoo Erfurt einen kleinen Bullen zur Welt brachte, war die Freude groß. Der Thüringer Zoopark war in Aufregung, Interessierte konnten auf der Internetseite darüber abstimmen, wie das zweite Junge von Marcita heißen sollte.
Zwei Jahre später war Marcita zum dritten Mal trächtig. Doch bevor die Nashornkuh und der kleine Bulle, der inzwischen Tayo hieß, den Nachwuchs begrüßen konnten, starben beide innerhalb von nur zwei Tagen. Der bisher nicht komplett aufgeklärte Tod der beiden Erfurter Nashörner ist nicht nur für den Zoo Erfurt hart, sondern auch für das internationale Zuchtprogramm.
Zoo Erfurt trauert noch immer um Nashorn-Mama und ihren Nachwuchs
Als Zoodirektorin Sabine Merz damals nach Erfurt kam, war bereits sieben Jahre der Nachwuchs ausgeblieben. „Und dann haben wir Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, auch mit viel verhaltensbiologischen Ideen“, sagt die Tierärztin. „Die vielen Maßnahmen haben dann dazu geführt, dass wir jetzt endlich quasi das dritte Kalb in Folge in Arbeit hatten“, so Merz. Dass es jetzt „aus heiterem Himmel so ganz anders kam“, sei „wirklich sehr, sehr tragisch“.
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Das ist der Zoo Erfurt:
- Thüringer Zoopark Erfurt, liegt im Norden Erfurts
- größter zoologischer Garten Thüringens
- 63 Hektar große Fläche
- wurde 1959 eröffnet
- dort leben 133 Tierarten und rund 1000 Tiere
- im August 2020 wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Zoos ein Elefantenbaby geboren
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Zoo Erfurt: Debatte über Zuchtprogramme in Zoos
Dieser Vorfall hat für Diskussionen um das Zuchtprogramm „Europäischer Erhaltungszuchtprogramm“ (EEP) im „European Association of Zoos and Aquaria“ (EAZA) gesorgt.
Kritikerinnen und Kritiker halten die Forschungs- und Artenschutzbeiträge der Einrichtungen für zu gering. Noch immer würden weitaus mehr Tiere in Zoos geholt, als ausgewildert werden, das Artensterben dauere an. „Zoos brüsten sich immer wieder mit ihrem vermeintlichen Beitrag zum Artenschutz – doch mit den Zuchtprogrammen soll vor allem Nachschub für die Zurschaustellung produziert werden“, kritisiert Biologin Yvonne Würz von der Tierschutzorganisation Peta. Die Tierchen seien niedlich und generierten Besucherzahlen – das sei der Kern.
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„Wir produzieren hier wirklich keine Tiere alleine um Besucher anzuziehen“, widerspricht Achim Johann, der Direktor des Natur Zoos im nordrhein-westfälischen Rheine. „Was ist denn schlimm daran, dass Menschen Freude an Jungtieren haben?“, fragt er. Tiermütter und ihre Kinder lieferten einen wichtigen Beitrag zum Bildungsauftrag der Zoos.
Machen Einrichtungen wie der Zoo Erfurt falsche Vorstellungen?
Würz dagegen kritisiert, dass Kinder und Jugendliche den Anschein erwecken, gar dümmer aus dem Aquarium oder Zoos hinauszugehen, als sie vorher reingingen, so Meeresbiologe und Tierschützer Robert Marc Lehmann aus Jena. So seien etwa Haie unter anderem Jäger und soziale Wesen. „Im Aquarium schwimmt der Hai alleine im Kreis in seinem Becken. Und wenn sie das jetzt einem Kind zeigen, kriegt das Kind ja eine völlig falsche Vorstellung von dem, was ein Hai eigentlich ist.“
„Natürlich mussten wir lernen, diese Zuchtprogramme zu entwickeln“, sagt der Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ), Volker Homes. Zoos seien früher, etwa in den 50er bis 70er Jahren teilweise sogar verantwortlich dafür gewesen, dass Arten verschwunden sind – oder zumindest Bestände.
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Nach Einschätzung von Johann und Homes wird es in Zukunft eher noch mehr als weniger Zoos geben. „Je mehr Arten aussterben, umso wichtiger werden Zoos werden“, sagt Homes.
„Nach dem äußerst bedauernswerten Ableben der beiden Nashörner wird der Zoopark Erfurt natürlich an seinem Erhaltungszuchtprogramm festhalten“, heißt es auch aus Thüringen. Daher werde die Außenanlage wie geplant saniert, an dem Status quo des Zoos werde nicht gerüttelt. (ali/dpa)