Die Erfurter Innenstadt erschien am Donnerstag verhältnismäßig leer. Der Grund: die Busse und Straßenbahnen standen still. Die Gewerkschaft Verdi hat zu einem Warnstreik des öffentlichen Nahverkehrs aufgerufen, wieder einmal.
Anstatt hinters Lenkrad zog es die ÖPNV-Fahrer also auf die Straßen zu einer Kundgebung. Aus ganz Thüringen kamen zahlreiche Fahrer von Bus und Bahn zusammen und versammelten sich am Fischmarkt.
Erfurt: Streik-Kundgebung am Fischmarkt
Trillerpfeifen, Tröten und Musik haben die Erfurter Innenstadt-Idylle durchschnitten, man sieht sich einem Meer aus grell-gelben Warnwesten gegenüber. Anstatt Straßenbahnen waren es am Donnerstag (29. Februar) Menschenmassen, die sich entlang der Schienen in Richtung Fischmarkt aufmachten. Der Grund: Die Gewerkschaft Verdi hat zum Streik im öffentlichen Nahverkehr aufgerufen. Am Mittwoch (28. Februar) und Donnerstag (29. Februar) standen sämtliche Busse und Straßenbahnen im Freistaat still. Der Höhepunkt des Streiks: Die Kundgebung am Fischmarkt. Mit Musik, Reden und selbstgebastelten Plakaten versammelte sich die Menge. Laut Angaben eines Polizisten vor Ort waren es etwa 500 Bus- und Bahnfahrer, die bei dem Streik zusammenkamen.
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Slogans wie „Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag“ oder „Wir fahren zusammen, wir streiken zusammen“ hallen von den Wänden des Erfurter Rathauses wieder. Doch als der erste Redner das Mikrofon in die Hand nimmt, legt sich erwartungsvolles Schweigen über die Menge. Uwe, ein Erfurter Straßenbahnfahrer, erhebt das Wort. Mit „Hier sind viele Baustellen, die man ansprechen müsste“, legt er los. Uwe erzählt vom stressigen Arbeitsalltag als Bus- und Bahnfahrer in der Domstadt. Lange Schichten, hohe Krankenstände, zu wenige bis keine Reservefahrzeuge und wütende Fahrgäste. Dazu kommt: Das Geld reiche schon lange nicht mehr für ein gutes Mittelstand-Leben.
Erfurter Straßenbahnfahrer fordert 50 Millionen Euro Fond
Uwe ärgert sich darüber, dass für den ÖPNV kein Geld da sei. Vor allem wünscht er sich höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Aber auch längere Ruhezeiten zwischen Fahrten und ausgiebige Wendezeiten an den Endhaltestellen fordert der Straßenbahnfahrer. Alles in allem sollen die Dienstpläne familienfreundlicher gestaltet werden. Doch das gehe nur mit mehr Personal und mehr Geld. Uwe schlägt vor, die Bundesregierung solle endlich Geld in die Hand nehmen und dem ÖPNV unter die Arme greifen – 50 Millionen Euro soll die Ampel in die Mobilitätswende stecken.
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Doch eines ist Uwe besonders wichtig: „Ich möchte die Leute nicht spalten, sondern die Politik und die öffentlichen Verkehrsmittel zusammenbringen. Denn wir sitzen alle im gleichen Boot, wenn auch auf verschiedenen Decks“, witzelt er. Und so schnell würden Uwe und der Rest auch nicht aufgeben. „Wir hören nicht auf, bis wir Gehör gefunden haben.“ Es ist also wahrscheinlich, dass das nicht der letzte Streik in naher Zukunft war.
Unterstützung von Klima-Aktivisten
Doch die Gewerkschaft Verdi und die Thüringer Bus- und Bahnfahrer sind nicht die einzigen, die sich am Donnerstag (29. Februar) in Erfurt versammelt haben. Unterstützt wurden sie von Klima-Aktivisten. „Wir betteln nicht mehr die Politik an, weder für besseren Klimaschutz, noch für bessere Arbeitsbedingungen. Wir tun uns zusammen, um zu kämpfen“, erzählt Töni, ein Mitglied der Initiative „Wir fahren zusammen Weimar“. Sie fordern, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird, um den Ausstoß von Auto-Abgasen zu reduzieren. Doch den Privat-Pkw öfters stehenzulassen geht nur, wenn der ÖPNV sicher läuft.
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„Klimaschutz ist politisch gewünscht und auch eine Mobilitätswende ist politisch gewünscht. Damit das klappen kann, müssen die Stellen im ÖPNV attraktiver gemacht werden“, fügt Lukas hinzu. Er ist Pressesprecher der Initiative „Wir fahren zusammen Weimar“. Von dem Streik erhofft er sich, dass die politischen Mühlen durch den Druck so angekurbelt werden und dass dadurch endlich mehr passiert.