Ein Stück Medizin- und Stadtgeschichte in Jena wird saniert. Der Anatomieturm, in dem Goethe den menschlichen Zwischenkieferknochen entdeckt haben soll und von dem nur noch der Stumpf übrig ist, wird seit dieser Woche instandgesetzt. „Das Universitätsklinikum Jena (UKJ) ist sich als Eigentümer seiner historischen Verantwortung bewusst. Daher sind wir sehr glücklich, dass nun in Kooperation mit der Stadt die Sanierung starten kann“, sagte am Donnerstag Christian Graudenz, Projektleiter am UKJ.
Bildergalerie: Wo Goethe forschte: Anatomieturm in Jena wird saniert
Bereits 2011 wurde der ehemalige Wehrturm gesichert, nachdem sich Steine gelockert hatten und die Fugen zunehmend durch den Regen ausgewaschen wurden. Die notdürftige Sicherung konnte jedoch die Feuchtigkeit in den Gemäuern und dem Kellergewölbe nicht beseitigen beziehungsweise verhindern. Nun sollen die Natursteinmauern abgestrahlt und aufgearbeitet sowie der Gewölbekeller trockengelegt werden. Ein schräges Glasdach soll das Gebäude zukünftig vor Nässe schützen.
Führung am 11. September
Wie genau der Innenraum des Turmes zukünftig genutzt wird, stehe noch nicht fest. Im Gespräch sei zum Beispiel eine kleine Ausstellung mit Tafeln, die über die Wehrgeschichte und spätere medizinische Nutzung des Turms informieren. Einen ersten Eindruck von den Arbeiten können Interessenten am 11. September gewinnen. „Dann ist der Tag des Denkmals und wir werden in jeden Fall eine Führung anbieten“, kündigt Gaudenz an.
Der Turm wurde im 15. Jahrhundert als Wehrturm und Teil der Stadtmauer errichtet. „Er markiert neben dem letzten oberirdisch erhaltenen Abschnitts der Jenaer Stadtbefestigung zwischen Pulver- und Johannisturm den südwestlichen Eckpunkt der einstigen Befestigungslinie der mittelalterlichen Stadt“, erklärt Matthias Rupp von der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Jena. Nach seiner Zeit als Wehrturm wurde er für die medizinische Lehre genutzt.
Goethe entdeckt Zwischenkieferknochen
1750 wurde auf den Turmstumpf ein Anatomisches Theater mit hohen Fenstern und Platz für 60 Besucher errichtet. Hier haben nicht nur die Gebrüder Humboldt geforscht genauso wie Goethe. Er soll im Turm den menschlichen Zwischenkieferknochen entdeckt haben. „Zwar hatten französische Forscher bereits zuvor den Knochen erwähnt, trotzdem wird die Entdeckung Goethe zugeschrieben“, fügt Graudenz hinzu.
Kosten der Sanierung
Die Sanierung des Turmstumpfes wird rund 340.000 Euro kosten. Die Hälfte zahlt das UKJ. Die restlichen 170.000 Euro werden zu je einem Drittel durch Fördermittel von Bund und Land sowie durch die Stadt Jena finanziert.