Mario Kart in 4K: Filmduo macht die Game-Avatare in Jena lebendig
Was als Video-Leak bereits durch Facebook geisterte, ist nun als Gesamtwerk fertig. Thüringen24 sprach mit dem Mann hinter der Idee zum Dreh.
Was machen die denn da? Am 14. September machte ein Handy-Video in der geschlossenen Facebook-Gruppe „Was ist los in Jena“ die Runde, das bis heute knapp 300 Likes generierte. Es zeigte Mario, Luigi, Toad und Peach auf Bobbycars den Fußweg des Griesbachgartens in Jena hinunterdüsen – Flashmob oder was? Amateurfilmer und Nutzer fragten sich nach dem Hintergrund und feierten das Video. Diese Woche traten die bisher weitestgehend noch unbekannten Macher hinter dem Video an die Öffentlichkeit und präsentierten den Youtube-Streifen „MARIO KART JENA in 4K„.
Thüringen24 sprach mit dem gebürtigen Jenenser David Schöppe (28), der die Idee für das Video hatte. Er steckt hinter dem Film- und Videoduo „Schießstand“, das durch Michael Neumeister (29) komplettiert wird. Im Interview verrät der als Informatiker arbeitende David Schöppe, wie er es schaffte, mit 130 Euro Budget auszukommen, wie viele Stunden Arbeit in dem 2:48 Minuten-Video stecken und ob es eine Fortsetzung geben wird.
David, wie bist du auf diese lustige Videoidee mit Mario Kart gekommen?
Die kam mir Ende Juli. Zunächst dachte ich nur an ein Bobbycar-Rennen durch Jena mit ein paar Sehenswürdigkeiten und schönen Plätzen. Dabei fiel mir dann wieder ein Video ein, das ich mal gesehen hatte: In den USA hatte jemand eine ähnliche Idee mit Mario Kart als Thema und einer Menge an CGI-Effekten umgesetzt. Das war dann die letzte Inspiration und ich wollte das Ganze mit relativ einfachen Mitteln hier in Jena starten – in Ultra HD.
Apropos einfache Mittel: Bei den ganzen Videoeinstellungen fällt auf, dass da eine Menge Technik dahintersteckt.
Das stimmt, es kam viel Technik-Schnickschnack zum Einsatz, denn ich lege viel Wert auch hochwertiges Equipment. Ich will ja auch hochwertige Videos produzieren. Gefilmt wurde hauptsächlich mit einer Sony A7R II Kamera und einem 16-35mm Objektiv und dazu einer Panasonic LX100, die für zwei kleine Szenen zum Einsatz kam. Die Sony Kamera war auf einem großen Gimbal montiert, der schöne sanfte Bewegungen ermöglicht. Zusätzlich lieferten zwei Xiaomi Yi Actioncams Bewegtbilder aus Sicht der Protagonisten. Für die Luftaufnahmen ergänzte das Ganze noch eine Drohne vom Typ DJI Phantom 3 Professional.
Das klingt nach einer Menge an investierter Liebe und natürlich auch Kohle. Wie viel Geld steckst du in deine Hobbys Foto und Video?
Zu viel, würden meine Freundin und meine Mutter sagen…
Warum gerade eine Umsetzung des Games Mario Kart? Hast du da eine besondere Beziehung?
Wie viele andere wahrscheinlich auch, ist das einfach eines meiner Lieblingsspiele: Ich habe es auf dem Super Nintendo, über den GameCube bis hin zur Wii gespielt. Gerade auf letzterer war die Umsetzung einfach super gelungen.
Und wie entwickelte sich die Idee zum fertigen Film hin weiter?
Meinem Schießstand-Kollegen Michael habe ich noch Ende Juli von der Idee berichtet, die er abnickte und ebenfalls für cool befand. Direkt im Anschluss habe ich mich an die Planung gemacht und gleich zwei Bobbycars über die Flohmarktgruppe besorgt. Diese ganze Phase ging ungefähr anderthalb Monate.
Wie seid ihr an die genialen Kostüme gekommen? War die Beschaffung aufwändig?
Ursprünglich waren Mario, Luigi, Peach und Bowser geplant, aber das Bowser-Kostüm wäre sehr aufwendig geworden und ich bin im Internet auf diesen tollen Pilzkopf-Hut gestoßen, kurzerhand wurde aus Bowser Toad. Für Mario und Luigi war es relativ einfach, blaue Latzhosen, farbige T-Shirts, weiße Handschuhe und die passenden Mützen zu besorgen. Das war am Ende günstiger und sogar deutlich hochwertiger als vergleichbare Komplett-Kostüme. Für das richtige Peach-Kostüm war die Auswahl im Internet groß. Das sind eigentlich alles recht einfache Prinzessinnen-Kostüme in Pink. Am Ende wurde alles über Ebay und Amazon besorgt.
Was für ein Drehbudget – von deiner Videotechnik abgesehen – musstet ihr aufbringen?
Alles zusammen etwa 130 Euro und ein Kasten Bier.
Für die Bespaßung des Teams?
Genau und natürlich zum Ausspannen nach einem harten Drehtag. Das ist anstrengend. Vor allem, wenn alle das zum ersten Mal machen, da muss Vieles mehrmals wiederholt werden, weil uns kleinere Fehler unterlaufen – zum Beispiel eine fehlende Speicherkarte in der Actioncam. [David lacht]
Wie habt ihr eigentlich die Schauspieler für die Game-Avatare gecastet?
Ursprünglich sollte ein Kumpel die Rolle des Luigi übernehmen. Wegen einer Verletzung sprang dann mein Kollege Michael ein und ich musste alleine drehen. Die restlichen Rollen übernahmen meine Freunde Borschti (Toad), Jule (Peach), beides Studenten aus Jena, und Pali (Mario), ein Zeissianer.
Sind die alle auch Mario-Kart-Fans?
Wer ist denn bitteschön kein Mario-Kart-Fan?
Punkt für dich. Wie lange hat es denn gedauert, bis ihr alles im Kasten hattet und wo habt ihr gedreht?
Drehtermine waren der 13. und 14. September. Am ersten Tag etwa drei und am zweiten Tag circa fünf Stunden. Wir mussten ja auch immer von Location zu Location kommen. Den ersten Tag verbrachten wir komplett am alten Steinbruch über Göschwitz und der anschließenden Gartenkolonie. Anschließend ging es dann nach Winzerla an die Wasserachse. Dort waren wir unter Beobachtung eines Kindergartens und da war natürlich auch sonst verdammt viel los. Das war ungewohnt, aber es half unter anderem zu der schönen Aufnahme mit den Kindern, die den Karts hinterher rennen – das war ungeplant, aber einfach perfekt! Der Spruch des Tages kam von ein paar Kindern, die meinten: „ich bin für Mario, Luigi und Toad“ … arme Peach.
Dann gab es da ja noch die stimmige Drohnenaufnahme über der Saale…
… genau! Da wir hatten wir ungeplant verdammt viel Glück, dass die Kanuten zu diesem Zeitpunkt gerade trainierten und der Aufnahmen noch ein bisschen mehr Eindruck verliehen haben.
Und schließlich folgte der Video-Leak von eurer letzten Aufnahme im Griesbachgarten, der in der Facebook-Gruppe landete.
Wir waren ganz schön überwältigt, als wir mitbekommen haben, dass wir heimlich vom Balkon gefilmt wurden und das Video mehrere hundert Mal geliked wurde. Aber wir wussten da auch, dass das Endprodukt gut ankommen wird, wenn schon so ein kleiner Schnipsel einer Handykamera für so viel Freude sorgt.
Aus dem Rohmaterial musste dann aber noch das fertige Video werden. Wie lange hast du am PC gesessen?
Ich habe insgesamt bestimmt zehn Stunden mit dem Schnittprogramm Adobe Premiere Pro verbracht. Aber erstmal suchte ich den passenden Track und das ist gar nicht so einfach wegen Copyright und Uhrheberrecht: Man will ja nicht, dass es dann gleich von Youtube wieder gelöscht wird oder jemand ungefragt Werbung davor schalten kann. Als das erledigt war und ich beim Bearbeiten im Flow war, ging der Rest ganz gut von der Hand. Die meiste Zeit hab ich für kleinere Optimierungen und den Bildlook gebraucht, denn die Bilder der verschiedenen Kameras müssen am Ende ja alle ungefähr gleich aussehen.
Ganz schön viel Aufwand und Ehrgeiz für ein Hobby: Woher hast du all die Energie?
Wahrscheinlich bin ich durch meinen Opa, der ein ausgebildeter Fotograf war, etwas vorgeprägt. Mit der Fotografie hab ich vor sechs Jahren angefangen und mit den Videodrehen erst vor zwei Jahren.
Erzähle unseren Lesern zum Abschluss noch von eurem Gemeinschaftsprojekt „Schießstand“: Was treibt ihr da? Und noch viel wichtiger: Wird es weitere Videospiel-Verfilmungen geben?
Beim Projekt dreht es sich übrigens in erster Linie um Fotografie. Der Facebook- und Youtube-Kanal heißt Schießstand, absichtlich etwas zweideutig. Wir produzieren und veröffentlichen jede Woche ein kleines Youtube-Video zum Thema Fotografie. Auf dem Facebook-Kanal gibt es zusätzlich Bilder von uns. Uns aber als Fotografen zu bezeichnen, das wäre etwas übertrieben. Wir machen das beide rein hobbymäßig. Michael stieß Anfang des Jahres dazu und hatte auch die Idee für den Channel. Momentan sind wir im Bereich der Landschaftsfotografie unterwegs, aber wir sind da nicht festgelegt. Unser Plan ist jetzt, erstmal unseren „Schießstand“ wie gewohnt weiter zu betreiben und voran zu bringen. Größere Projekte gibt es dann wahrscheinlich im Frühjahr oder Sommer wieder. Aber ob es dann eine neue Verfilmung geben wird oder etwas anderes Verrücktes, das ist noch vollkommen offen.