Unwiderstehlicher Geruch: Wildkatzen in der Fotofalle
Rund 20 Lockstäbe und einige Fotofallen für Wildkatzen in Waldgebieten rund um Jena
Mindestens fünf Exemplare der vom Aussterben bedrohten Tierart nachgewiesen
Über 200 Wildkatzen in Thüringen
Füchse kugeln sich davor, Eichhörnchen schnuppern daran und Rehe reiben sich an ihnen. Diese Stöcke riechen interessant und wirken einfach anziehend auf Waldbewohner. Dabei sollen sie vor allem eine Tierart anlocken: Wildkatzen. Und auch die Samtpfoten folgen dem unwiderstehlichen Geruch von Baldrian.
Fünf Wildkatzen rund um Jena
Insgesamt sieben der scheuen Miezen haben sich bisher an den rund 20 Lockstöcken gerieben und sind in die Fotofallen getappt, die in den Wäldern rund um Jena stehen. Vor allem fünf der Tiere sind eine Sensation, denn es handelt sich um drei Jungtiere und ihre Eltern. „Jahrzehntelang konnte man sich nicht vorstellen, dass hier Wildkatzen leben und nun vermehren sie sich sogar. Das ist ein gutes Zeichen, dass sich die vom Aussterben bedrohten Tiere ausbreiten.“, freut sich Silvester Tamás. Er ist Koordinator des Wildkatzen-Nachweisprojektes im Mittleren Saaletal des Thüringer Naturschutzbundes (Nabu). Ziel dieses Projektes ist es, herauszufinden, wie viele von den samtpfotigen Jägern rund um Jena und im Saale-Holzland-Kreis vorkommen.
Lebensräume der Wildkatzen miteinander verbinden
Ein idealer Lebensraum ist Thüringen für die scheuen Tiere aber noch nicht. Denn auch wenn die Wälder für die Wildkatzen geeignet sind, werden sie häufig durch Siedlungen und Straßen unterbrochen. Beispielsweise werden die Forstgebiete des Saale-Holzland-Kreises durch die A4, die B88 und die Saale durchschnitten. Das erschwert den Katzen, sich auszubreiten und sich zu vermischen. Da unter anderem Inzucht den Fortbestand der Katzenpopulationen gefährdet, ist das aber nötig. Entsprechend wichtig ist es, die Verbreitungsgebiete zu verbinden. Das geht zum Beispiel durch das Aufforsten bestimmter Areale und den Bau von Grünbrücken über gefährliche Straßen.
Wildwechsel-Warnanlage als Alternative zur Grünbrücke
Eine kostengünstigere Alternative zu den Brücken sind Wildwechsel-Warnanlagen, sagt Tamás. Für diese werden an bestimmten Stellen, wo Wildtiere häufig über die Straße laufen, Sensoren am Wegesrand aufgestellt. Wenn sie ein Tier wahrnehmen, schalten sich Verkehrstafeln an. Diese drosseln die erlaubte Geschwindigkeit und warnen die Autofahrer vor den Vierbeinern. So können viele Unfälle vermieden werden. In Schleswig-Holstein ist eine solche Anlage beispielsweise an der B202 am Rastorfer Kreuz seit längerer Zeit installiert. Im ersten Test-Jahr ist die Zahl der Unfälle laut dem Kieler Wirtschaftsministerium um 80 Prozent zurückgegangen.
Haar-Proben dank Lockstöcke
Um herauszufinden, wie viele Wildkatzen sich wo in der Region um Jena aufhalten, kontrollieren die zumeist ehrenamtlichen Helfer die Lockstöcke und Fotofallen etwa einmal pro Woche. Sie sammeln die Tierhaare von den Stöcken und Tüten sie steril ein. Diese werden später im Labor untersucht. Dann wird der Stock abgeflammt, um alle DNA-Spuren zu beseitigen. Anschließend wird die für Tiere so interessant riechende Baldriantinktur neu aufgetragen und der Stock wieder aufgestellt.
Zusammenarbeit mit Jägern und dem Forst
Weitere Hinweise liefern auch die Beobachtungen von aufmerksamen Forstmitarbeitern und Jägern. Der Nabu arbeitet in vielen Bereichen mit ihnen zusammen. Durch den Austausch soll die wirtschaftliche Nutzung des Forsts und des Tierschutzes in bestmöglichen Einklang gebracht werden, so Tamás. Hinweise aus der Bevölkerung sind ebenfalls willkommen.
Wildkatzen sind keine Schädlinge
Wildkatzen sind allerdings sehr scheue Tiere und lassen sich nur äußerst selten blicken. Sie können auch leicht mit Hauskatzen verwechselt werden. Die europäischen Wildkatzen sind unter anderem kräftiger, haben längere Haare, eine breitere Schnauze und eine stumpfe Schwanzspitze.
Im Gegensatz zu einem alten Vorurteil sind Wildkatzen keine Schädlinge, betont der Tierschützer. Früher hieß es zwar, dass die Jäger vor allem Singvögel, Feldhasen und auch Rehkitze fressen würden. Untersuchungen des Mageninhalts von totgefundenen Wildkatzen haben aber ergeben, dass ihre Nahrung zu rund 95 Prozent aus Wühlmäusen besteht.
Ergebnisse werden publiziert
Die Ergebnisse des Wildkatzen-Projektes, das auch von Studierenden der Universität Jena im Rahmen von Bachelor- und Master-Arbeiten unterstützt wird,sollen bis Ende des Jahres ausgewertet werden und spätestens 2018 in einer Publikation veröffentlich werden. Vielleicht ist bis dahin auch klarer, wie viele Exemplare es im gesamten Freistaat gibt. Ihre Anzahl liegt zwischen mindestens 200 und optimistisch geschätzten 500 Wildkatzen, sagt Tamás.