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Gigaliner für Fahrräder: Jenaer Vereine jubeln über neuen Anhänger

Gigaliner für Fahrräder: Jenaer Vereine jubeln über neuen Anhänger

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Große Freude herrscht beim Vereinsnetzwerk in Jena, das für Transporte jetzt einen neuen Fahrrad-Lastenanhänger mit E-Motor besitzt. Am Montag übergaben Denis Peisker und Anja Siegesmund im Namen von Stadt und Umweltministerium Fördermittel. Foto: Martin Kappel
  • Vereinsnetzwerk aus Jena schafft sich innovativen Transportanhänger für Fahrräder an
  • So können Lasten kostengünstig und CO2-arm befördert werden
  • Stadt und Umweltministerium unterstützen Initiative mit 4450 Euro

Für die einen ist „Carla Cargo“ bloß ein gewöhnlicher Anhänger, für die anderen ist es der Gigaliner unter den Fahrradanhängern – und entzückt seit Kurzem die Vereinslandschaft in Jena. Denn im Vergleich zu echten Firmen besitzen die Ehrenamtlichen keine eigene Fahrzeugflotte, um etwa geerntetes Gemüse aus den grünen Reichen des Urban Gardenings oder Werkzeug und defekte Geräte zum Reparier-Café zu fahren. In der Vergangenheit kamen daher oft herkömmliche Einachs-Anhänger am Drahtesel oder Lastenräder zum Einsatz – zu unpraktisch, zu schwer im Muskelbetrieb und das Gemüse matschte beim Transport, weil eine einzelne Hängerachse eben nicht federt.

Fotos: Vereine in Jena nutzen jetzt innovatives Transportmittel

Fahrradanhänger der Superlative

Der zweiachsige Fahrrad-Gigaliner hat eine Länge von 250 Zentimetern bis zur Deichsel und misst 93 Zentimeter in der Breite. An ein Rad gekoppelt ist der Tross dann etwa vier Meter lang. Und das Beste? Mit einem Lithium-Ionen-Akku treibt die Vorderachse des Anhängers im E-Antrieb das komplette Zuggespann auf bis zu 25 Kilometer pro Stunde an. Ein mitgelieferter Sensor, der am Tretlager des Fahrrads angebaut werden muss, liefert dem Motor die Information, wie stark unterstützt werden muss. Der mit etwa 40 Kilogramm recht wuchtige dreiachsige Anhänger verträgt noch einmal 150 Kilogramm Zuladung. Mit 1,5 Kubikmeter Beladungsvolumen auf einer Ladefläche von 165 mal 65 Zentimetern überschreitet „Carla Cargo“ bisherige Transportkapazitäten. Bis zu 16 Norm-Gemüsekisten können so transportiert werden, und auch Waschmaschinen und Trockner wurden bereits erfolgreich transportiert – und zwar ohne viel Muskelschweiß.

Stadt und Umweltministerium unterstützen Anschaffung

Von der Leichtgängigkeit des 4800 Euro teuren Öko-Gigaliners überzeugten sich am Montag die Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund (Die Grünen) und Jenas Stadtentwicklungs- und Umweltdezernent Denis Peisker (Die Grünen). Das Ministerium schoss 2600 Euro Lottomittel und die Kommune weitere 1850 Euro Förderung zur Anschaffung hinzu. Weitere 1250 Euro sammelte das Vereinsnetzwerk selbst, macht 5700 Euro in Summe. Neben dem Anhänger selbst wurden zusätzliche Sensoren gekauft, um ihn von verschiedenen Zugrädern ziehen zu können. Ein Ersatzakku sorgt für eine gesteigerte Reichweite – damit die bis zu 210 Kilogramm Fahrrad, Anhänger und Zuladung nicht einfach unterwegs pannenartig liegen bleiben.

Mit Wechselakku bis zu 70 Kilometer

„Mit einer Akkuladung schaffen wir 30 bis 35 Kilometer“, erklärt Roland Bischof, der den Kauf von „Carla“ organisiert hat und eine Schlüsselposition in der Kommunikation des Jenaer Vereinsnetzwerks innehat. So engagiert sich der Diplom-Biologe etwa bei der solidarischen Landwirtschaft Paradieschen oder bei der Initiative Essbare Stadt. Vor drei Jahren seien im Netzwerk der Bedarf und die Diskussion um Lastentransporte entstanden, verrät Bischof. Nach den eher dürftigen Erfahrungen mit Lastenfahrrädern und Anhängern wurde 2017 dann Kontakt mit den Herstellern motorisierter Anhänger aufgenommen. Gegen zwei Mitbewerber setzt sich „Carla Cargo“ deshalb durch, weil der Anhänger sich über zusätzliche Sensoren an mehreren Fahrrädern nutzen lässt und weil er abgekuppelt als Handwagen betrieben werden kann – und das mit einer Motorunterstützung bis sechs Kilometer pro Stunde.

Weniger als 50 Cent Stromkosten pro 100 Kilometer

„Unsere Stromkosten für 100 Kilometer betragen weniger als 50 Cent“, hat Bischof nach ein paar Ladezyklen ausgerechnet. Doch der Transport ist nicht nur günstiger als mit dem Auto oder dem Lkw, er spart auch eine Menge CO2 ein. Das sei auch einer der Hauptgründe gewesen, warum sich Dezernat und Umweltministerium bei der Anschaffung beteiligt hätten.

Neue Anforderungen an die Infrastruktur in Jena

Der neue Lastenanhänger bietet mit seiner Größe zwar viele Vorteile, die ungewöhnlichen Maße stellen aber auch neue Herausforderungen dar. So müssen einige Fahrradwege gemieden werden: Aufgestellte Poller, die eigentlich nur den Autoverkehr unterbinden sollen, verfügen teilweise nicht über einen Mindestabstand von 93 Zentimetern. Auch seien manche Bordsteinabsenkungen nicht breit genug. Doch bei der Suche nach einer nutzbaren Transportstrecke ist es von Vorteil, dass der Anhänger auch für den Straßenverkehr nach StVO zugelassen ist.

Auch Externe sollen Anhänger nutzen dürfen

Zukünftig könnten auch externe Nutzer von dem kostengünstigen und umweltschonenden Transportwunder profitieren, wie Bischof erklärt. Eine Liste für Anfragen sei in Vorbereitung.

Einige Vertreter des Vereinsnetzwerks:

  • Initiative Essbare Stadt Jena
  • Reparier-Café Jena
  • Solidarische Landwirtschaft Paradieschen
  • Wurzelwerke e.V.
  • Foodsharing Jena
  • Umweltreferat der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • Stadtteilgarten Winzerla
  • Abenteuerspielplatz Jena
  • Jeninchen – fröhlich unverpackt einkaufen“
  • Offene Gärten Jena
  • FreiRaum Jena e.V.