Die Jenaer und ihr Eichplatz – das ist schon seit geraumer Zeit so eine Sache. Die Frage, wie es mit dem zentralsten Platz in der Innenstadt weitergehen soll, spaltet die Gemüter. Gelinde gesagt. Für die einen muss der unsägliche Parkplatz vor der Keksrolle endlich weg – egal wie. Die anderen befürchten, dass sich die Innenstadt durch das „Eichplatz Areal“ nachhaltig zum Schlechteren ändern wird.
Ein weiterer Meilenstein ist mittlerweile gelegt. Denn jetzt steht fest, was mit dem Baufeld A in Jena passieren soll. Dazu gab es am Dienstagabend (10. Januar) eigens eine Pressekonferenz. Die Pläne liegen öffentlich aus – und sorgen bei Anwohnern während der Veranstaltung im Historische Rathaus für hitzige Stimmung.
Jena: Diskussion um Eichplatz kippt
Der Eichplatz soll für das Vorhaben in zwei Baufelder unterteilt werden: A und B. Das Areal „A“ ist dabei wohl das Filetstück und liegt direkt neben den „Neuen Mitte“. Ein Entwurf zeigt jetzt, was genau hier entstehen soll. 9.500 Quadratmeter Wohnfläche, dazu 750 Quadratmetern für Geschäfte. Stellplätze stehen auch auf der Agenda. Ein Mega-Komplex im Herzen von Jena.
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Die Stadt hofft, dass sie damit einen „hochfrequentierten“ Platz, noch belebter machen kann. Doch ist die Stimmung bei den Präsentierenden gut, kippt die Diskussion bei der anschließenden Frage-Runde. Das Interesse am Mega-Projekt ist in der Lichtstadt sichtbar groß – genauso wie die Verunsicherung bei vielen Anwesenden.
„Keine Klima-Verantwortung?“
Schnell wird die Diskussion emotional: „Ich sehe da gar keinen Laden, den Jena zusätzlich brauchen würde. Ich sehe kein Geschäft, das da rein kann. Also was passiert, wenn da nichts geht?“ Weiterer drohender Leerstand, damit verbundenes verschwendetes Geld – eine Sorge, die den Anwohner umtreibt.
Den Mann treibt aber auch ein anderes Thema um, das mittlerweile weit über Thüringens Grenzen hinaus diskutiert wird: „Warum nimmt man bei so einem Projekt keine Klima-Verantwortung wahr? Wo steht, welcher Einfluss diese großen Gebäude auf die Luftströme haben, die über die Stadt weggehen?“ Photovoltaik gebe es auch nicht. Ein Handeln nach Bürger-Wohl sieht der Anwohner einfach nicht gegeben. Probleme habe er außerdem, nachzuvollziehen, wie weit die Gebäude tatsächlich gebaut werden.
„Bessere Nutzungen als sinnlos Auto abzustellen“
Stadt Dezernent Christian Gerlitz (SPD) versucht die Stimmung zu retten und erklärt: „Die Lage der Objekte sind zweifelsfrei in den Plänen ablesbar.“ Gerlitz bot dem Mann daraufhin Hilfe beim Lesen der Stadt-Pläne an. „Das ist überhaupt gar kein Problem.“
Ob die Läden an der Stelle tatsächlich sinnvoll seien? Gerlitz findet schon. „Wir sprechen hier von einer wirklich hochfrequentierten Fläche. In Zukunft hoffen wir sogar, dass sie noch höher frequentiert wird. Weil es gibt dort deutlich bessere Nutzungen als nur sinnlos sein Auto abzustellen“, erklärt er.
Bereichsleiter Marc Schreiber von der Strabag ist sich bewusst, dass die Einzelhandels-Nutzung die Gemüter spaltet. „Da gehen bestimmt die Meinungen weit auseinander. Doch für uns waren zehn Grundsätze wichtig, die die Stadt Jena und die Bürgerschaft mit dem Verfahren gegeben haben.“ Dass die Erdgeschoss-Flächen öffentlich genutzt werden, sei dabei „explizit gewünscht“ worden. „Und das ist dann von uns entsprechend versucht worden, umzusetzen“, erklärt er weiter.
Fassaden ohne Photovoltaik
„Photovoltaik an den Fassaden haben wir geprüft“, so Schreiber weiter. „Meistens sehen die Fassaden dann aber schwarz aus und das ist nicht immer gewünscht.“ Und weil auf dem Eichplatz teilweise Hochhäuser stehen sollen, sei es in den meisten Fällen nicht erlaubt, dort irgendwas anzubringen. „Wir mussten aus optischen und technischen Gründen davon absehen.“ Trotzdem habe man sich die Frage gestellt, wo noch Möglichkeiten bestehen. „Auf den Dach-Flächen haben wir aber dann selbstverständlich Photovoltaik vorgesehen.“ Bäume könnten auf der Tiefgarage wachsen.
Eine weitere Frau lenkt den Fokus erneut auf den Klima-Schutz – und bringt ein neues Thema auf den Tisch. Sozialer Wohnraum. Davon war bislang nicht die Rede, wird wohnen doch immer teurer, für manche kaum mehr bezahlbar.
„Tatsächlich haben wir uns als Stadt Jena auf die Fahne geschrieben, dass wir bei Grundstücksvergabe-Verfahren 20 Prozent sozialen Wohnungsbau sehen möchten. Jetzt müssen wir aber sagen, dass der Beschluss aus dieser Legislatur jünger als das Vergabeverfahren für den Eichplatz ist. Dort konnte das Vorhaben noch nicht umgesetzt werden“, so Gerlitz
„Das halten wir für extrem unglücklich“
Bei dem Thema wird auch der Stadt-Dezernent ein kleines bisschen emotional. Denn bei dem Eichplatz-Projekt hätte der Beschluss ohnehin nichts gebracht. Denn es fehle an finanziellen Mitteln. Die Fördermittel für sozialen Wohnungsbau würden nicht zur Verfügung gestellt werden.
„Das ist über die Maßen ärgerlich. Die hohe Förderung gibt es in allen Bundesländern – nur nicht in Thüringen“, so Christian Gerlitz weiter. Der Schwerpunkt in der Wohnungsbau-Richtlinie würde massiv auf Bestands-Sanierung und den ländlichen Raum verlagert werden. Ballungsgebiete und Neubau fallen demnach nicht mehr unter die Förder-Richtlinien. „Das brauchen wir aber in Jena. Weil wir Ballungsgebiete haben, brauchen wir hier Neubau. Denn der Bedarf an mehr Wohnungen ist groß. Doch das gibt die Förderrichtlinie aktuell nicht her. Das halten wir für extrem unglücklich. Wir sind da auch mittelmäßig empört.“
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„Zu Mieten oder Kaufpreisen kann ich auch keine ehrlichen Antworten geben, weil ich weiß nicht, wie sich die Baukosten in den nächsten Jahren entwickeln werden.“ Doch auf die allergünstigsten Wohnungen sollten sich Jenaer hier nicht einstellen – so viel sei klar.
Der Entwurf zum Bebauungs-Plan kannst du dir noch bis zum 18. Januar auf jena.de oder im Dezernat für Stadtentwicklung und Umwelt, Am Anger 26, in Jena anschauen.