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Verbot für „Tofu-Würstchen“ und „veganes Schnitzel“ – für wie dumm hält man uns?

Die EU will darüber abstimmen, ob vegane Fleischersatzprodukte als „Wurst“, „Schnitzel“ & Co. bezeichnet werden dürfen. Ein Kommentar.

© IMAGO/Geisser

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Am Mittwoch (8. Oktober) stimmt das EU-Parlament über ein neues Vorhaben ab: Begriffe wie „Steak“, „Schnitzel“ oder „Wurst“ sollen nur noch verwendet werden dürfen, wenn es tatsächlich um Lebensmittel mit tierischem Ursprung geht. Jegliches pflanzenbasiertes Ersatzprodukt muss dann anders heißen – das Ende vom „veganen Schnitzel“ oder der „Tofu-Wurst“. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz polterte am Sonntag (5. Oktober) bei Caren Miosga in der ARD: „Eine Wurst ist eine Wurst. Wurst ist nicht vegan.“

Doch warum muss eine so mächtige Institution wie das EU-Parlament überhaupt über so etwas abstimmen? Für wen macht man das bitte? Die Argumentation von Befürwortern des Verbots ist stellenweise derart lächerlich, dass ich sie nur schwer ernst nehmen kann – obwohl man damit offenbar gerade Menschen wie mich, die täglich tierische Lebensmittel zu sich nehmen, „schützen“ will.

Ein Kommentar.

EU stimmt ab: Darf das „Veggie“-Schnitzel noch „Schnitzel heißen?

Als eine Stärkung des Verbraucherschutzes wird das Verbot im EU-Parlament verkauft. Die zuständige Abgeordnete Céline Imart sieht im Lebensmittelhandel „ein echtes Verwechslungsrisiko“, wenn ein veganes Schnitzel auch als „Schnitzel“ bezeichnet werden darf. Da frage ich mich ganz ehrlich: Für wie dumm hält Frau Imart die europäischen Supermarkt-Kunden?

Vegane Schnitzel stehen nicht bei den „echten“ Schnitzeln im Kühlregal. Genauso wie der vegane Aufschnitt – egal ob Käse oder Wurst – auch nicht bei tatsächlichen Milch- und Fleisch-Produkten geparkt wird. Die haben nicht ohne Grund ihre eigenen Regal-Abschnitte: Damit Veganer ohne langes Suchen zielsicher ihre gewünschten Lebensmittel bekommen – und eben damit die restlichen Kunden NICHT verwirrt werden.

Man muss schon aktiv im Supermarkt seines Vertrauens plötzlich grundlos auf die Idee kommen, Fleisch oder Käse aus einem komplett anderen Regal als sonst zu holen, um im veganen Sortiment zu landen. Und wenn ich anstelle meines Schweineschnitzels dann ein Produkt kaufe, auf dem statt des Wortes „Schwein“ dann das gelb-grüne Vegan-Label sowie Begriffe wie „Soja“ oder „Pflanzlich“ aufgedruckt sind – dann würde ich mir mal die Frage stellen, ob das jetzt wirklich ein Fall ist, in dem die EU mich als armen Verbraucher zu schlecht geschützt hat, oder ob die Schuld hier bei mir und meinem eigenen Fehler liegt.

Kein Landwirt verkauft mehr Schnitzel, wenn es keine „Veggie-Schnitzel“ mehr gibt

Ein weiteres Argument im EU-Parlament: Generationen von Landwirten hätten für tierische Lebensmittel einen bestimmten Ruf aufgebaut – und somit über Jahrhunderte gesellschaftlich festgelegt, was Käse, Fleisch, Eier oder Milch sind und wie sie auszusehen und zu schmecken haben. Und jetzt müsse man diese Landwirte „schützen“, weil die bösen pflanzlichen Lebensmittelhersteller diesen Ruf und die dazugehörigen Begriffe schamlos ausnutzen, um ihre Konkurrenzprodukte zu vermarkten.

Ich bitte euch. Was für eine Konkurrenz? Wer sich pflanzlich ernähren will, der kauft das Ersatzprodukt – unabhängig davon, ob es „Vegane Wurst“ oder „Veganer Tofu-Aufschnitt“ heißt. Kein Landwirt verkauft mehr Fleisch, Milch oder Eier, wenn das „Tofu-Schnitzel“ nicht mehr „Schnitzel“ heißt. Kein Veganer, der seine Soja-Würstchen liebt, wird plötzlich wieder beim Fleischer einkaufen, weil er sonst nirgends Produkte namens „Würstchen“ findet. Und kein Fleischer verliert Kunden an pflanzliche Produkte, nur weil die unter ähnlichen Namen verkauft werden. Als ob ein jahrelanger Fleisch-Liebhaber urplötzlich nie wieder in die Metzgerei geht, weil er einmal versehentlich ein Soja-Steak gekauft hat.



Sind wir doch mal ehrlich: Wenn ich meinen geliebten Kochschinken wie gewohnt aus dem Kühlregal bekomme – warum juckt es mich dann, wenn drei Regale weiter ein pflanzenbasierter „Veganer Schinken-Spicker“ in der Auslage liegt?

Das ist nichts, womit sich die EU befassen muss. Das ist auch kein Fall für den Verbraucherschutz. Niemand ist in Gefahr, niemand muss geschützt werden. Kaufen und Nicht-Kaufen lassen. Generiert doch keine Streitthemen, wo es keine geben muss. Davon haben wir schon mehr als genug auf der Welt.

Dieser Artikel erschien zuerst unter Verbot für „Tofu-Würstchen“ und „veganes Schnitzel“ – für wie dumm hält man uns? auf DerWesten.de.