- Zwei Thüringer sollen Explosionsverbrechen vorbereitet haben
- Verdächtige Chemikalien und Sprengstoff bei Razzia sichergestellt
- Staatsanwaltschaft Gera und Kripo Saalfeld ermitteln
- Mutmaßungen über mögliches linksextremistisches Motiv
Bei einer Razzia hat die Polizei am Dienstag im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt selbstgebastelten Sprengstoff und größere Mengen verdächtiger Chemikalien entdeckt. Das bestätigten Polizei und Staatsanwaltschaft Gera am Donnerstag auf Thüringen24-Anfrage. Zwei Männer werden beschuldigt, explosive Verbrechen damit geplant zu haben. Anhaltspunkte für ein linksextremistisches Motiv gibt es derzeit nicht – doch noch ist nicht ausgeschlossen, dass der Staatsschutz die Ermittlungen übernehmen könnte.
Razzia nach Zeugenhinweis im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt
Beamte durchsuchten bereits am Dienstag insgesamt vier Objekte in Uhlstädt-Kirchhasel und Rudolstadt, die in Verbindung mit zwei Tatverdächtigen im Alter von 25 und 31 Jahren stehen. Ein Zeuge hatte die Behörden informiert, dass „größere Mengen Düngemittel oder Chemikalien an einen der Beschuldigten geliefert worden sind“, so der Geraer Justizsprecher und Staatsanwalt Sven Schroth. In der Folge wurden die Räumlichkeiten der beiden, aber auch von deren Umfeld durchsucht.
Kilogramm von verdächtigen Chemikalien
Die Annahme sollte sich bestätigen: Tatsächlich fanden die Beamten am Dienstag an drei der durchsuchten Orte verdächtige Stoffe, die teilweise zur Sprengstoffherstellung geeignet sind – im Kilogramm-Bereich. „Es sind aber keine 20 Kilogramm, wie es in anderen Medienberichten heißt“, so Schroth von der Staatsanwaltschaft Gera: „Sichergestellt wurden Buttersäure, Magnesiumpulver, Schwefelpulver, Kaliumnitrat und Calciumcarbid.“ Chemiker wüssten, was man damit anstellen könne.
Selbstgebauter Sprengstoff entdeckt
In einem Objekt wurde sogar selbstgebastelter Sprengstoff entdeckt. Dabei handele es sich um ETN oder Erythritoltetranitrat, das unter das Sprengstoffgesetz fällt. Die Hobby-Mischung gilt als sehr instabil – war ein baldiger Anschlag oder ein Verbrechen geplant?
Motive der Tatverdächtigen unklar
Zu den Motiven oder Plänen weiß die Staatsanwaltschaft momentan so gut wie nichts. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass damit eine Straftat geplant oder in der Vergangenheit durchgeführt wurde, heißt es gegenüber TH24. Die Beschuldigten seien beide im Prinzip nicht vorbestraft, nur einer der beiden 25 und 31 Jahre alten Männer sei „geringfügig wegen anderer Delikte“ aufgefallen, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Sollten politische Gegner das Ziel werden?
Über die Beschuldigten machte die Staatsanwaltschaft sonst keine näheren Angaben. Thüringen24-Informationen erhärten jedoch den medial verbreiteten Verdacht, dass einer der beiden Männer im Bündnis „Zivilcourage und Menschenrechte“ im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (Zumsaru) engagiert ist oder es zumindest war. Dort habe er aber wiederholt zumindest öffentlich zum gewaltlosen Widerstand gegen Rechtsextremismus aufgerufen.
Übernimmt der Staatsschutz die Ermittlungen?
Momentan handelt es sich bei einem politischen Motiv nur um Spekulationen, betont Staatsanwalt Schroth. Selbstverständlich ermittle man in so einem frühen Stadium in alle Richtungen und werde den Fall an den Staatsschutz übergeben, sollte sich erste Verdachtsmomente nach weiterer Prüfung ergeben.
Vorbereitung eines Explosionsverbrechens
Der strafrechtliche Vorwurf lautet auf Vorbereitung eines Explosionverbrechens, das entgegen anderer Medienberichte „nur“ mit sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann, so Schroth.
Schreckschusswaffe und Cannabis entdeckt
In einer der durchsuchten Räume machten die Ermittler zudem einen Zufallsfund: Dort waren geringe Mengen Rauschmittel und Utensilien zum Anbau mit Cannabis gefunden worden. Medienberichten, man habe eine Plantage oder Aufzuchtanlage gefunden, widersprach der Sprecher der Staatsanwaltschaft. In der Wohnung einer dritten, den Beschuldigten nahestehenden Person wurde zudem eine Schreckschusswaffe gefunden. Wem diese gehört und ob und wie diese mit den restlichen Vorwürfen zusammenhängt, werde derzeit noch geprüft.
Tatverdächtiger vorläufig festgenommen
Einer der Verdächtigen war für etwa 24 Stunden vorläufig festgenommen worden, ist vorerst aber wieder auf freiem Fuß. Gegenwärtig sind die Staatsanwaltschaft Gera und die Kriminalpolizei Saalfeld in die Ermittlungen eingebunden.
Öffentlichkeit nur auf Anfrage informiert
Auffällig war, dass Polizei und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit nur auf Anfrage über die Razzia und den Sprengstoff-Fund informierten – was bei einem Fall dieser Größenordnung normalerweise immer geschieht, wenn nicht ermittlungstaktische Gründe einer zeitnahen Berichterstattung entgegenstehen. Eine offizielle Pressemitteilung war bis zur Anfrage unserer Redaktion nicht geplant, hieß es von Seiten der Polizei, die auf die Auskunft durch die Justizbehörde in Gera verwies.