Fretterode.
„Ohne das Massaker hätte ich einen Vater gehabt. Ein komplett anderes Leben.“ Rolande Bonte schaut traurig in die Kamera. Sie ist 85 Jahre alt. Doch die Nacht vor 75 Jahren, die Nacht vom ersten auf den zweiten April 1944 wird sie nie vergessen. Noch immer verfolgt sie sie in ihren Träumen.
Es begann alles mit einem Anschlag auf einen deutschen Zug, nahe dem französischen Örtchen Ascq. 400 Soldaten der Waffen-SS waren in den Wagons. Verletzt wurden sie nicht. Lediglich einige Abteile waren entgleist. Und doch sinnten die Nazis auf Rache.
SS tötet 86 Menschen
Die Soldaten ließen alle jungen Männer des Dorfes zusammentreiben. Was dann passierte, ist unklar. Es gibt verschiedene Versionen. Klar ist nur: Am Ende sind 86 Menschen tot. Allesamt Zivilisten.
Einer, der bei dem Massaker dabei war, ist der heute 96-jährige Karl M.
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Er war damals 21 Jahre alt, Unterscharführer bei der Waffen SS. Heute lebt er in Niedersachsen. Und ist ein gefeierter Held der rechten Bewegung. Auch in Thüringen. Zuletzt wurde M. nach Fretterode geladen. Ins Gutshaus von Thorsten Heise. Der ist militanter Neonazi, Vizechef der NPD und seit 2017 Landesvorstand der NPD Thüringen.
Hier darf Karl M. seine kruden Weltvorstellungen in einem sogenannten „Zeitzeugenvortrag“ an Gleichgesinnte tragen. Und noch mehr. Er gab dem ARD-Magazin „Panorama“ ein Interview.
Karl M. gibt Autogramme in Thüringen
Stolz zeigt er den Reportern ein Fotoalbum. Berichtet, wie er ein Foto von sich in SS-Uniform als Autogrammkarte für die „Kameraden“ in Thüringen hunderte Male signieren durfte. Höhnisch lacht er. „Jeder kam an und wollte so ein Ding haben! Manche wollten sogar gleich vier.“
Einer Schuld für die schreckliche Tat sei er sich nicht bewusst: „Warum sollte ich es bereuen? Mancher ist doch froh gewesen, wenn wir gekommen sind. Was haben wir denn in dem Krieg Verbrecherisches gemacht?“
Judenverfolgung sei nie so schlimm gewesen
Die Judenverfolgung? Die sei gar nicht so schlimm gewesen, so M. „So viele Juden hat es damals gar nicht gegeben bei uns. Das hat man jetzt schon widerlegt. Ich habe letztens irgendwo gelesen, dass diese Zahl gar nicht stimmt, die da rausgegeben wird. Ich glaub‘ das alles nicht mehr.“
Solche Lügen werden von Holocaustleugnern gern verbreitet. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden 6 Millionen jüdische Kinder, Frauen und Männer ermordet. Das ist wissenschaftlich bewiesen.
Ins Gefängnis musste Karl M. für seine schrecklichen Taten nie. Zwar war er 1949 in Frankreich zum Tode verurteilt. Jedoch war er da schon wieder in Deutschland. Er wurde nie ausgeliefert. Die Tat ist mittlerweile in Frankreich verjährt. Noch einmal verurteilt werden kann er auch in Deutschland nicht –niemand kann für ein Verbrechen, für das er bereits verurteilt wurde, ein zweites Mal angeklagt werden.
Ermittlungen wegen Volksverhetzung
Allerdings sind nach dem ARD-Beitrag insgesamt zwanzig Anzeigen gegen Karl M. wegen Volksverhetzung eingegangen, wie der Sender bestätigt. Auch die Staatsanwaltschaft Hildesheim hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Mittelpunkt stehen die Aussagen von M., in denen er behauptet, dass der Holocaust so nie stattgefunden hätte. (göt)