Zum massenhaften Kindesmissbrauch in Lügde werden immer mehr grausige Details bekannt und Vorwürfe erhoben. Der Campingplatz in Nordrhein-Westfalen schreibt bereits die Geschichte eines monströsen Verbrechens. Und auch in Thüringen soll sich mindestens einer der mutmaßlichen Kinderschänder an minderjährigen Jungen und Mädchen vergangen haben.
Damit nicht genug, wurde die Liste der Opfer jetzt auch noch länger.
Kindesmissbrauch auf Campingplatz in Lügde: Ein weiteres Opfer kommt hinzu
A.V. und zwei weiteren Angeklagten werden in hunderten Fällen schwerer sexueller Missbrauch und der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. In einem Fall soll der Hauptbeschuldigte sogar zwei Kinder gezwungen haben, sexuelle Handlungen aneinander vorzunehmen, wie das Landgericht Detmold bekannt gegeben hat.
Wie das Landgericht am Mittwoch mitteilte, haben die Ermittler nun ihre Anklage gegen den 56-Jährigen Dauercamper um fünf Fälle auf nun insgesamt 298 erweitert. Die Dunkelziffer wird mehr als doppelt so hoch vermutet.
Zusätzlich zu den bereits 22 in der Anklageschrift aufgeführten mutmaßlichen Opfern bestehe der begründete Verdacht, dass der Angeklagte ein weiteres Kind auf dem Campingplatz in Lügde missbraucht habe. Das Mädchen soll damals zehn Jahre alt gewesen sein.
Ein Blick in die Akten gibt grausige Details preis – über ein System, das ihm offenbar half, massenhaft Kinder zu missbrauchen.
Lügde Missbrauch auf Campingplatz offenbar hoch organisiert – Einblick in die Akten
Mit Hilfe eines Lockvogelsystems soll der 56-jähriger Dauercamper fast 20 Jahre lang kleine Mädchen in seinem Wohnwagen missbraucht haben.
Auf 64 Seiten schildert die Staatsanwaltschaft, wie der Angeklagte systematisch an seinem Serienmissbrauch arbeitete. Dabei soll er unter anderem seine siebenjährige Pflegetochter als Köder eingesetzt haben, um Dutzende Freundinnen des Mädchens in eine Falle zu locken.
Sogar auf Ebay-Kleinanzeigen soll er gesucht haben: nach alleinerziehenden Müttern mit Kindern – als Spielkameraden für seine Tochter, so berichten Focus und Kölner Stadtanzeiger, denen die Gerichts-Akten vorliegen.
Demnach soll er sich zudem über eine Bekannte um eine Verbindung zum Kinderschutzbund bemüht haben, weil er dort angeblich Werkkurse geben wollte. Selbst eine Flüchtlingsfamilie suchte er auf, mit dem Vorwand den Kindern mit etwas Gutes tun zu wollen und sie auf Ausflüge mitzunehmen.
Missbrauch in Lügde: Mutmaßlicher Kinderschänder auch in Thüringen unterwegs
Wie durch das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» bekannt wurde, soll der 56-jährige Hauptbeschuldigte nach Aussage eines Zeugen im Sommer 2009 auch wiederholt Tauchurlaube am Forellensee in Nordhausen in Thüringen gemacht haben.
Zeugen berichten: Urlauber bringt immer wieder Kinder nach Nordhausen
Nach Schilderung eines ehemaligen Tauchkameraden soll der Dauercamper aus Lügde zu den Urlauben immer minderjährige Kinder mitgebracht und diese als Nachbarskinder ausgegeben haben. Die meisten von ihnen seien Mädchen gewesen, die jüngsten gerade ein Mal vier Jahre alt Gemeinsam hätten sie in dem Wohnwagen gewohnt, der über Wochen in Nordhausen abgestellt war.
Der Tauchkumpel habe laut Spielgelbericht den Urlauber damals auf die Mädchen angesprochen, sich jedoch mit der Ausrede der Nachbarskinder abspeisen lassen. Die Vorwürfe verfolgen ihn nun tagtäglich. „Hätte ich nur meine Birne angemacht“, so der Zeuge zu dem Magazin.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind die Ermittlungen dazu noch nicht abgeschlossen. Die Polizei in Bielefeld und die Staatsanwaltschaft Detmold wollten sich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern.
Bei der Polizei Nordhausen hieße es laut Spiegel, man sei nicht zuständig.
Massenmissbrauch auf Campingplatz an Landesgrenze zu Niedersachsen
Auf dem Campingplatz in Lügde an der Landesgrenze zu Niedersachsen sollen über Jahre hinweg zahlreiche Kinder schwer sexuell missbraucht worden sein.
Dem 56-jährigen Hauptverdächtigen wirft die Staatsanwaltschaft in der Anklage 298 Fälle vor. Demnach soll sich der Mann unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie Besitzes von kinderpornografischen Schriften verantworten.
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Mittäter beobachten Missbrauch per Webcam
Ein Komplize aus Stade in Niedersachsen ist mitangeklagt, weil er unter anderem in mindestens vier Fällen an Webcam-Übertragungen des Dauercampers teilgenommen haben soll, wo er unter anderem vor den Augen der Kinder onaniert haben soll.
Dritter Angeklagter während drei der Taten selbst noch minderjährig
Einem dritten Angeklagten, einem 34 Jahre alten Mann aus Steinheim bei Höxter (Nordrhein-Westfalen) werden insgesamt 162 Fälle des sexuellen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kinder vorgeworfen.
Nach Angaben des Landgerichts Detmold umfasst die 45 Seiten lange Anklageschrift Taten im Zeitraum von 1999 bis zum 11. Januar 2019 auf dem Campingplatz bei Lügde und in Steinheim, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Bei drei dieser Fälle soll der heute 34-Jährige jünger als 18 Jahre alt gewesen sein, in zwei Fällen unter 21.
Täter teilten sich offenbar ihre Opfer
Die Staatsanwaltschaft Detmold hat 17 Opfer aufgeführt – acht Mädchen und neun Jungen, die zum Zeitpunkt der Taten minderjährig waren. Unter diesen Opfern sind sechs Mädchen, die auch durch den 56-jährigen Hauptbeschuldigten auf dem Campingplatz in Lügde missbraucht worden sein sollen.
Der Prozess soll vermutlich am 27. Juni starten. (aj, dpa)