Thüringen.
Im Internet entstand ein makabrer Wettbewerb mit Sprengstoffen – für jeden frei zugänglich. Rund 1000 Polizisten setzten dem mit einer bundesweiten Razzia auch in Thüringen ein Ende.
Anleitungen zum Bau von Kriegswaffen und Bomben – nicht versteckt im Darknet, sondern frei abrufbar für jeden, ohne besondere technische Vorkenntnisse. Bis am Dienstagmorgen um 4.30 Uhr die Polizei zugriff, gleichzeitig in neun Bundesländern – so auch in Thüringen – sowie in Litauen und Kroatien.
Bombem-Razzia auch in Thüringen: 360 Bombenbastler aktiv
Eine gewaltige Explosion jagt durch den Wald, der entstandene Krater: mannstief. Videos wie diese zeigt die Polizei in Göttingen, um zu verdeutlichen, welche Gefahr hinter der Internet-Plattform „xplosives.net“ stand. Rund 360 Mitglieder waren dort aktiv, um sich über Sprengstoffe auszutauschen und womöglich auch damit zu handeln.
22 Verdächtige haben die Ermittler nun ins Visier genommen. Bei allen Beschuldigten handelt es sich um deutsche Männer, im Alter von 17 bis 55 Jahren.
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Bomben-Razzia: Monsterbombe gefunden
Die Ermittlungen laufen unter anderem wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. Allein an einem Objekt sei genug Material für eine Bombe mit 30 Kilogramm Sprengstoff gefunden worden, sagt Kriminaldirektor Mathias Schroweg von der Polizei Göttingen. Die Entschärfer vor Ort sprachen laut Polizei von einer „Monsterbombe“.
Hinweise auf ein politisches Motiv liegen bisher nicht vor. „Einen politischen Hintergrund gibt es nicht, haben wir nicht festgestellt“, sagt der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig. Eher sei von einer Wettbewerbssituation auszugehen: „Das waren fast Meisterschaften, die dort ausgespielt worden sind.“
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Bombenbastler versuchen sich zu übertrumpfen
Immer gewaltiger sollten die Explosionen sein, die Nutzer versuchten, sich gegenseitig mit ihren Amateuraufnahmen zu überbieten. In einem Video ist von einem „Mörderkrater“ die Rede und vom „deutschen Rekord“, angeblich mit 20 Kilogramm Sprengstoff. Zur Frage, ob die Waffen und der Sprengstoff auch gegen Menschen eingesetzt werden sollten, gibt es noch keine Erkenntnisse. „Wir können es nicht ausschließen“, sagt Lührig.
„Ein Spiegel der Gesellschaft“
Die mutmaßlichen Täter hätten in der Regel einen normalen Job, ergänzt Kriminaldirektor Schroweg. Auch Studenten seien darunter, einige hätten noch zu Hause gewohnt. „Es ist ein breites Spektrum, ein Spiegel der Gesellschaft.“ Festgenommen wurde allerdings keiner der Beschuldigten, da es derzeit keine Anhaltspunkte für Flucht- oder Verdunklungsgefahr gebe, wie Oberstaatsanwalt Ingo Rau, Leiter der Zentralstelle Cybercrime bei der Staatsanwaltschaft Göttingen, sagte.
Bomben-Razzia in neun Bundesländern
Die Durchsuchungen am Dienstagmorgen zogen sich quer durchs Bundesgebiet, betroffen waren Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. Zudem wurde der Server in Litauen beschlagnahmt, auch in Kroatien gab es einen Einsatz.
Gut ein Jahr nach Beginn der Ermittlungen im September 2018 gelingt der Polizei damit ein gewichtiger Schlag gegen die Cyberkriminalität. Neben den Beschuldigten sollen nun auch deren Angehörige und die Verwalter des Servers vernommen werden. Die weiteren Ermittlungen sollen zudem klären, wer die weiteren Mitglieder der Plattform waren. (dpa, aj)