Freilaufende Haustiere müssen noch nicht einmal wildern, um für geschützte Arten zum Problem zu werden. Jäger und Naturschützer hoffen auf mehr Verantwortung der Besitzer.
Besitzer von Hunden und Katzen müssen sicherstellen, dass ihre Tiere keine Wildtiere reißen. Das fordern der Landesjagdverband Thüringen und der Umweltschutzverband NABU Thüringen übereinstimmend. Tierhalter müssten sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Zudem sei der Gesetzgeber dringend gefordert, die vorhandenen Probleme zu entschärfen.
NABU will Katzen an die Leine nehmen
„Gerade Hauskatzen sind eine echte Gefahr für die Vogelwelt“, sagt Silvester Tamás, Ansprechpartner für den Bereich Beutegreifer beim NABU Thüringen. Hunde sollten generell nicht unbeaufsichtigt herumstreunen, Katzen vor allem im Haus gehalten werden. Wer dem Stubentiger dennoch Auslauf gönnen will, solle über Laufleinen im Hof nachdenken – oder mit seiner Katze an der Leine spazieren gehen.
Freigänger sollten kastriert werden
Ein Muss sei darüber hinaus die Kastration jeder Katze, die auch ins Freie dürfe. Besitzer müssten alles Mögliche tun, die Vierbeiner aus der Natur fernzuhalten. Allerdings zeigten sich viele Halter sehr uneinsichtig über den Schaden, den Streuner anrichten können.
Streunende Tiere mit Fallen jagen?
Wirklich eindämmen könne man die Lage aber nur über das Ordnungsrecht und die Geldbörse: Uneinsichtige Tierhalter müssten mit Strafen zur Vernunft gebracht werden. Um wildernden Katzen und Hunden im Wald Herr zu werden, müsse zudem über finanzielle Anreize für Jäger nachgedacht werden: „Jäger sollten sich die Kugel sparen und solchen Tieren mit Fallen nachstellen. Dazu wäre vermutlich ein finanzieller Anreiz sinnvoll.“ Die gefangenen Tiere würden dann in ein Tierheim gebracht und kastriert.
Abschuss ist unpopulär
Viele Jäger scheuten den Abschuss von unbeaufsichtigten Haustieren in der Wildbahn, erklärt Steffen Liebig, der Präsident des Landesjagdverbands Thüringen. „Im vergangenen Jahr wurden so gut wie keine wildernden Hunde und Katzen von Jägern erlegt.“ In Zeiten, in denen Haustiere immer stärker als Familienmitglied gesehen würden, sei der Abschuss extrem unpopulär.
Hybride durch freilaufende Haustiere
Dass etwas geschehen muss, steht für Liebig indessen außer Frage. „Der vereinte Druck von Katzen und Waschbären auf viele Populationen wird immer größer.“ Außerdem drohten sich die wachsenden Katzenbestände auch auf die Wildkatzenbestände auszuwirken und das Erbgut durch Hybride zu verfälschen – ähnlich wie das auch bei Thüringens einziger nachgewiesener Wölfin auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf geschehen war, die sich mit einem freilaufenden Hund gepaart hatte.
Halter stehen in Verantwortung
„Das Wichtigste ist deshalb, dass es ein Umdenken bei den Besitzern gibt“, sagt Liebig. Wer aus falsch verstandener Tierliebe einen Wurf kleiner Katzen einfach aussetze, schade vielen Wildtieren. „Die Halter sind gefordert, ihre Aufsichtspflicht zu übernehmen und Katzen nicht einfach ins Freie zu lassen, wenn sie nicht einmal kastriert sind.“ Aktuell dürfen Jäger unter bestimmten Auflagen Hunde und Katzen schießen, die beim Wildern erwischt werden. Im Zuge der Novelle des Jagdgesetzes wird darüber diskutiert, den Jägern dieses Recht ganz zu entziehen. Die Jäger wollen sich dieses Instrument nicht aus der Hand nehmen lassen.
Katzenschutzverordnung in Erfurt
In Erfurt gilt seit Anfang 2017 eine „Katzenschutzverordnung“, die Besitzer von Katzen mit Freigang dazu verpflichtet, die Tiere kastrieren zu lassen. Im Stadtgebiet würden jedes Jahr nach Angaben einer Sprecherin im Schnitt 180 Katzen gefangen, kastriert und wieder ausgesetzt, weil eine Haltung durch den Menschen in der Regel nicht mehr möglich sei.
Lottomittel für Kastrationen
Im Auftrag der Stadt Gotha werden jährlich etwa zwei Dutzend streunende Katzen kastriert. Über Lottomittel stellt das Land Thüringen den Tierschutzvereinen einen jährlichen Betrag von bis zu 3000 Euro für die Kastration freilebender herrenloser Katzen zur Verfügung.