Erfurt.
Heftiger Gegenwind für Thüringens Verfassungsschutz-Chef Stephan Kramer (SPD)!
Er hatte gefordert, alle ukrainischen Flüchtlinge registrieren zu lassen. Dafür kassierte er Widerspruch aus der Landesregierung in Thüringen. Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) nannte den Vorschlag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur „obsolet“.
Thüringen: Verfassungsschutz-Chef Kramer in der Kritik
Es sei zwar richtig, dass alle ukrainischen Staatsbürger zunächst visafrei und ohne Registrierung einreisen könnten. „Aber alle, die sich entscheiden, in Deutschland zu bleiben, werden ja einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis stellen“, betonte Adams. Damit werde auch eine Registrierung vorgenommen. „Eine Registrierung findet statt“, betonte er.
Kramer hatte sich zuvor einem Medienbericht zufolge dafür ausgesprochen, die ukrainischen Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, zu erfassen – aus Sicherheitsgründen. Das sei angesichts des Verzichts auf reguläre Grenzkontrollen bei der Einreise von Menschen aus dem Kriegsgebiet sinnvoll, hatte Kramer dem „Handelsblatt“ gesagt. Eine Gefahr gehe dabei nicht etwa von den Flüchtlingen aus, sondern möglicherweise von Terrororganisationen oder der organisierten Kriminalität.
Thüringen: Gegenwind auch aus der eigenen Partei
Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) lehnte Kramers Vorstoß ab. Dieser sei auch nicht abgestimmt gewesen. Die Bundespolizei müsse ein Auge darauf haben, damit es nicht zu unerlaubten Grenzübertritten komme oder Personen einreisen könnten, die kritisch zu beurteilen seien. „Was ich nicht unterstütze, ist eine flächendeckende Registrierung an den Grenzen“, sagte Maier.
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Die Grünen-Innenpolitikerin Madeleine Henfling erklärte, die Bedenken von Stephan Kramer schienen aus sicherheitsbehördlicher Sicht nachvollziehbar, jedoch sei ihr die Umsetzung unklar. „Sollte es darum gehen, dass an deutschen Grenzen wieder Kontrollen eingeführt werden, so lehne ich dies ab“, machte Henfling klar. Sie nannte Kramers Vorschlag „unausgegoren“.
Thüringen bereitet sich weiter auf Ukraine-Flüchtlinge vor
Unterdessen bereiten sich in Thüringen die Landesregierung und die Kommunen auf die Aufnahme von vielen ukrainischen Flüchtlingen vor. Die Thüringer Landesregierung geht davon aus, dass in jedem Landkreis in den kommenden sechs bis zwölf Wochen bis zu 800 Flüchtlinge aufgenommen werden müssen. Diese Einschätzung hatte der Landrat des Eichsfeldes, Werner Henning (CDU), in einer Mitteilung verbreitet. Adams betonte, dass es sich um eine „hypothetische Arbeitszahl“ handele. Wenn in den kommenden Wochen „einige Hunderttausend“ Flüchtlinge in Deutschland ankommen und vom Bund konsequent auf die Länder verteilt würden, „dann wäre das der Schlüssel“, sagte Adams.
Maier forderte angesichts der Herausforderungen für Land und Kommunen finanzielle Unterstützung des Bundes. „Es ist vollkommen klar, dass die Länder hier von Seiten des Bundes unterstützt werden müssen“, sagte Maier. Dazu seien Gespräche zwischen Bund und Ländern nötig, laut Maier bietet sich eine Ministerpräsidentenkonferenz zu dem Thema an.
Muss sich Thüringen mit der Bundesregierung abstimmen?
Auch CDU-Fraktionschef Mario Voigt mahnte Abstimmungen an. „Bund und Länder müssen sich koordinieren, um einen klaren rechtlichen Rahmen für die Verteilung zu schaffen“, erklärte Voigt. Forderungen nach einer schnellstmöglichen Einberufung einer Bund-Länder-Konferenz seien richtig.
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Adams dagegen hält eine Ministerpräsidentenkonferenz nicht unbedingt für nötig. „Es gab ja auf der Arbeitsebene in den vergangenen Tagen mehrere Bund-Länder-Schalten“, sagte er. Wichtiger sei, dass der Bund die Verteilung der ukrainischen Flüchtlinge zügig in die Hand nehme. „Im Augenblick ist vollkommen klar, was geleistet werden muss: Berlin und Brandenburg müssen dringend entlastet werden.“ Thüringen stehe dafür bereit.
Das Thüringer Kabinett hat sich am Dienstag darauf geeinigt, vom Bund die Erstattung der Kosten für die Aufnahme der Ukraine-Flüchtingen zu fordern. Bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 17 März möchte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) das Thema ansprechen, bestätigte ein Sprecher. (dpa)